Montag, 23. Juli 2007

Profil geschärft - Spaltung gelungen?

Profil geschärft - Spaltung gelungen?

von der berechtigten Sehnsucht der Profilschärfer nach Bodenhaftung

von Sophia Sinner

Eine neuerdings beliebte schematische Formulierung (andere sagen Worthülse) begegnet uns im Neuen Deutschland vom 21. Juli 2007, im Bericht über Dresden. Die Protagonisten der radikalen linken Spaltungsbewegung, die - nebenbei gesagt - ohne Rücksicht auf einen gegenteiligen Beschluß ihrer Gesamtmitgliederversammlung vom 2. April durchgezogen wird, benutzen gern das Bild vom "wieder geschärften Profil". Seit jener Basisversammlung verstärkt -  und stolz erhobenen - Mundes. Wollen sie denn tatsächlich diesen Abend den Mitgliedern unablässig ins Gedächtnis rufen? Weil er so schön war? Schönen Dank auch! Aber das Bild ist nun mal so gelungen. Bleiben wir dabei.

Profil, das sind bekanntlich diese Kerben und Zickzackmuster an einer Bereifung. Sie verbessern die Bodenhaftung auf glatter Straße. Verbessert Spaltung die Bodenhaftung?

Die Basis sprach sich konsequent gegen Spaltung aus, nicht nur im April. Jene Lektion, die mit dem Handschlag von Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl endete, sitzt noch immer ganz gut. Und die Wählergunst in ganz Deutschland honoriert auch in diesen Tagen eher das Zusammengehen von Linken. In ganz Deutschland? Na, nicht ganz. ARD - außer Raum Dresden.

Profil. In Dresden ist die Straße der Linken nicht so glatt, daß ausgerechnet am Profil nachzubessern wäre. Das Gelände, um mal an ein Rennen zu denken, ist eher holperig. Und manche Erschütterung der letzten Zeit ist weniger mangelhafter Bereifung als vielmehr dem manchmal schon halsbrecherischen wirkenden Fahrstil der langjährigen Mannschaft (im Rathaus) zu danken. Das hat die Zuschauer schon gelegentlich erschüttert, keine Frage. Aber die Mannschaft (wie auch ihre Gegner) ist diese Strecke noch nie gefahren! Ein Terrain, wo sogar während des Rennens noch Schikanen eingebaut werden, vom Regierungspräsidium zum Beispiel. Welche Zuschauer, eigene Fans eingeschlossen, können da noch jeder Bewegung folgen?

Zumal die Zuschauerbetreuung durch die begleitende Partei lange Zeit so ziemlich ausgeblieben ist. Oder wurde irgend eine richtungweisende Äußerung der Partei zum WOBA-Verkauf bekannt, bevor dieser unausweichlich war? Wer eine kennt, soll sich melden. Die heutigen Spalter selbst haben fieberhaft danach suchen lassen wie Bush nach den bösen Dingen im Irak. Selbst die Schiedskommission wurde bemüht, den Beschluß zu finden, gegen den verstoßen wurde. Es war wohl einfach keiner da.

Schärfen durch Spalten. Klar. Natürlich entstehen wenigstens zwei Schnittkanten, das weiß man aus dem Werkunterricht. Je gröber das Werkzeug um so schartiger. Und momentan sieht das Werkzeug nach Holzhammer und grobem Keil aus. Schnittkanten, besser: Bruchkanten,  werden sichtbar, mit Scharten und Grat, brauchbar zum Verletzen eines Jeden, der sie aus eigener Kraft überwinden will. Wer von helfender Hand darüber gehoben wird - jaaaa das ist natürlich etwas anderes. Einigen Stadträten der bisher erfolgreichsten linken Fraktion seit 1990 wird die helfende Hand ja angeboten - um ihnen "da raus zu helfen". Aber woraus? Noch nie seither wurde ein Wahlprogramm der SED-Erbe-Partei so umfassend und konkret umgesetzt - und, wie im März 2007 mit berechtigtem Stolz - so öffentlich verantwortungsvoll zur Halbzeit abgerechnet, wie im März 2007, mit
Präambel
, Zwischenbilanz und Verpflichtung. Und diese erfolgreiche "Firma" soll also jetzt möglichst geschlossen werden? Dieser trotz Beulen am Helm so siegreiche Trupp soll die Stellung aufgeben, weil ein jüngst aus seinem Schläfchen erwachter Feldkurat plötzlich Festigkeit im Glauben an heilige Fundamente vermißt?

Das ist der klassische Weg einer Partei, die immer recht hat, manche sind ihn bis 1989 guten und festen Glaubens gegangen. Auch ich. Aber nun sollten doch mehr Aspekte gelten, als nur das "Recht haben". Erkenntnis des Weges, die man beim Vorwärtsschreiten erwirbt, gehört dazu. Und Hartnäckigkeit beim Kampf um sozialer Errungenschaften.

Profil. Das ist natürlich auch das charakteristische Erscheinungsbild eines Menschen - oder einer Partei. Bekennen sich die Profilschärfer nun zu (glücklich überwundener) Profillosigkeit in den letzten Jahren? Dann sei ihnen die Selbstkritik von Herzen gegönnt. Sie ist berechtigt. Die Fraktion im Rathaus allerdings hatte immer Profil, sie arbeitete. Dem Parteibeschluß vom 27. März 2004 folgend verwirklichte sie dabei konsequent ihr Wahlprogramm. Von der Partei allerdings war nicht mehr ganz so viel zu hören. Selbst am 1. Mai nicht.

Wer sich hier profilieren muß ist also klar. Auf wessen Kosten - das sieht die Öffentlichkeit spätestens seit dem WOBA-Streit.

Daß Barbara Lässig, Skatermutter und Eislöwen-Präsidentin, in Plauderstimmung vielleicht, in einer sorgsam gestellten Falle womöglich, im entscheidenden Augenblick den nützlichen  Wetzstein bot, sollte den nach Spaltung strebenden  Profil-Schärfern eigentlich ewigen Dank wert sein. Aber Spalter sind oft undankbar. Das weiß man vom Umgang der Bolschewiki mit den Menschewiki 1903 - und später.


Keine Kommentare: